“Schw. Tagblatt” zum Konzert im Sudhaus:
Die Zappler hotteten durchs Tübinger Sudhaus
Nicht nur wegen Dieter Thomas Kuhn, auch wegen der “Zappler“ kann man Tübingen das Label Schlagerstadt anheften. Für Weihnachten kamen die sieben Jungbarden ins Sudhaus.
Tübingen. Vollmilch – für immer! Wenn dieser Slogan durch das Sudhaus schallt, hält nicht der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter eine Konferenz in der Tübingen ab. Nein, dann zappelt es auf der Bühne: skurril, sinnfrei und schweißtreibend. Die Zappler sind ihre eigene Parodie – nach gerade einmal drei Jahren Bandbestehen und zwei CDs. Wenn sie zum Weihnachtskonzert einladen wie just am Donnerstag vor Heiligabend, wird’s unheilig. „Feier-Nacht“ ist Zapplern ein Begriff – „Feiertag“ nicht.
Vorweg die Bilanz: Die sieben Tübinger, die sich mittlerweile in die Unistädte der Republik verteilt haben, schaffen Erstaunliches: Da tanzte das Publikum das Wort Kaffee, da drehte Drummer Joe Texas nach Belieben am Jubelpegel, da hotteten die Zuhörer in einer Endlos-Polonaise durch den Saal. Rund 250 Gäste waren gekommen, von oben betrachtet ein absurd-komisches Schauspiel.
Die Poprocker „4Plus“ und die Rapper „Zweiplus“ leiteten den Abend ein – mathematisch inkorrekt ergab zwei mal Plus ein Minus: Zünden wollten beide Formationen nicht, was nicht nur am Vorband-Manko lag. Doch gleich mit „Intergallaktika“ zu stampfendem Elektrosound legten die Zappler los. Synthesizer bei einer Schlagerband – wen das schon wunderte, der staunte bald Bauklötze: Nach Zappler-Definition gehören auch Tango, Seemannsgarn, Blödel-Punk und Balkan-Mukke in ihr Genre. Hauptsache, es knallt, hat Kante und ist der Show zuträglich.
Starkstrom-Frisur und pornöse Jacke
Zum Outfit – ein nicht unerhebliches Element bei den Zapplern: Texas Joe etwa gab ganz den Gigolo mit weißer Montur, Goldkette und gegeltem Haupt. Das Haar-Styling von Gitarrist Peter Panik musste mit Starkstrom zu tun haben. Gitarrenkollege Roman von und zu Tisch gab sich bieder in Zimmermannshose und Hut. Frontmann und Sänger René Royal war mit Haartolle und pornöser Jacke dekoriert. Ein jeder spielte somit seine Rolle – und keiner war sich für irgendeinen Blödsinn zu schade.
Und den boten die Stücke zu Hauf. Es war eine bunte Mischung aus dem Debutalbum „Bubenträume“ und der jüngst erschienen CD „Liebe verdammt!“. Da ging es im Samba-Schritt durch „Rio“, mit Delfin „Flippi“ über die Wellen (und in die Thunfischdose) und zur „Senorita Margarita“ nach Mexiko. Die Stimmung schwankte zwischen amüsiert und enthusiastisch.
An der Klimax können die sieben noch arbeiten: Knallte ein Nummer voll durch, sackte es im Anschluss bisweilen ab. Gut zwei Stunden Hardcore-Schlager muss man erstmal konditionell durchstehen. Die Ideen gingen den Zapplern allerdings nicht aus: Das Schicki-Micki-Lied gab es in Gruppen-Choreografie zu Musik aus der Konserve – eine Reminiszenz an ihre Kollegen aus dem Musikantenstadel, wie René Royal zu Protokoll gab. Da gab es eine Punk-Version von der „Weihnachtsbäckerei“ und Chartmelodien aufgemotzt und mit Sax-Begleitung. Ein Gastgitarrist zeigte seine furiosen „Bottleneck“-Künste – so heißt das Spiel mit einem Flaschenhals auf den Saiten.
Bei den Zugaben dann schienen die Zappler erst recht aufzudrehen. Erst legten sie den „Husarenritt“ vor, eines ihrer besten Nummern. Tobias Karrer rappte als Gast über die Bühne. Dann fegte der Party-Song „Tore und Amore“ durch die Boxen. Da war es schon nach Mitternacht. Das Publikum im Sudhaus tobte.
(Fabian Ziehe, Schwäbisches Tagblatt)